Surfen am Stock

wem ist schon klar, was alles passieren muss, damit schließlich diese Zeilen hier auf seinem heimischen PC lesbar werden?
Natürlich braucht es ein mitteilsames Crewmitglied, das sich bemüßigt fühlt, ein paar seiner Eindrücke mit anderen teilen zu wollen und auch noch den Impuls verspürt, diese niederzuschreiben.

Damit dieses Crewmitglied überhaupt physisch und psychisch dazu in der Lage ist, schriftstellerisch tätig zu werden, muss es mit ausreichend Nahrung versorgt werden. Das ist eigentlich gar nicht so schwierig und auch in Gibraltar (bzw. La Linea) gelang es uns innerhalb von 2 Stunden mehr Lebensmittel und Getränke zu kaufen, als ein Mensch tragen kann. Nur gut, dass das Tragen für unsere bewährten zwei City-Roller und die Sackkarre zum Job gehört.

Sind nun alle Voraussetzungen erfüllt, so dass Essen in Literatur transformiert werden kann, beginnt die eigentliche Herausforderung. Wie kommt das Ganze nun ins Internet?
Das war in Portugal eigentlich recht einfach: man kauft einen Mobil-UMTS-Internet-USB-Surf-Stick mit einem Prepaid-Tarif, stöpselt das Ding an den Bord-PC und ist mit der Welt verbunden.

Wie im restlichen Europa, teilt sich auch in Spanien eine handvoll Mobilfunkkonzerne den Markt der mobilen Internet-Versorgung. Also fuhren zwei Crewmitglieder am Vormittag guten Mutes los, um ein Surfgerät für die spanische Hemisphäre zu erstehen, während sich der andere Teil der Crew um die Lebensmitteleinkäufe kümmerte. Und tatsächlich: die einschlägigen Läden aller (konkurrierenden?) Mobilfunkanbieter waren in der Innenstadt präsent. Bei Movistar (Telefonica) hatten wir schon am Tag zuvor in einem anderen Laden erfahren, dass es dort einen Surfstick gebe. Natürlich schauten wir dann noch bei Vodafone und Orange vorbei, um mal zu sehen, wie weit es mit konkurrierenden Angeboten her ist. Wer weiß, wie undurchsichtig die Angebote der angeblich so arg um den Kunden bemühten Konzerne sind, wird verstehen, dass wir das Gespräch mit den spanischen Verkäufern gerne mit „Do you speak English“ zu eröffnen pflegten. Leider ist praktisch in allen Fällen die Antwort eine Verneinung. Durch allerlei Griffe in die Trickkiste der menschlichen Kommunikation konnten wir dann in vier der besuchten Läden herausfinden, dass das gewünschte und beworbene Produkt, nämlich ein Internet-Prepaid-Tarif nicht vorrätig war. Vielleicht manana. Ich kann nur vermuten, dass in den kleinen Läden kein Lagerplatz für die riesigen Verpackungen der winzigen SIM-Karten ist…
Bei Orange stießen wir dann auf einen sympathischen Mitarbeiter, der sogar Englisch und ein wenig Deutsch sprach. Ein Italiener, wie sich dann herausstellte. Wir waren so begeistert, dass wir trotz der von ihm ehrlicherweise eingeräumten Netzabdeckungsnachteile kaufen wollten. Unsere Begeisterung schlug jäh in lange Gesichter um, als er uns erklärte, dass wir hierzu einen Reisepass vorlegen müssten. Personalausweis dürfe er nicht akzeptieren.
Also gingen wir wieder zur Konkurrenz, diesmal aber in eine etwa 1.5km entfernte Shopping-Mall (Carrefour), in die wir verwiesen wurden. Weit, aber dank der City-Roller keine unüberwindbare Entfernung.

Das Szenario bei den dort üppig vertretenen Mobilfunkanbietern bestätigte die bisherigen Erfahrungen und wir kamen aus dem Kopfschütteln und Staunen, gepaart mit angestrengtem Lachen und Lamentieren nicht mehr heraus.
Die Supermarktkette selbst bietet auch ein Prepaid-Internet an. Der nurspanischsprechende Mitarbeiter dort erklärte uns, dass der bescheidwissende Kollege nach der Siesta wieder da ist und auch neue Surf-Sticks mitbringen werde. Da es inzwischen fast 15:00 Uhr war, mussten wir nur noch eine gute dreiviertel Stunde totschlagen.

Diese nutzten wir dann zum Einkaufen der verbliebenen Positionen auf unserem Einkaufszettel und Wolfgang nahm dann dankenswerter Weise ein weiteres Mal die Reise mit dem City-Roller auf sich, um endlich gegen Abend siegreich gegen Siesta und Ignoranz mit der Internet-Versorgung zum Boot zurückzukehren.

Inzwischen erfuhren wir von einem österreichischen Wahlspanier, dass es bei manchen Anbietern auch vorkommt, dass plötzlich nach einigen Tagen ein Prepaid-Guthaben grundlos weg ist. Will man das über die angeblich kostenlose Hotline klären, so geht das logischerweise nicht, weil ja das Guthaben weg ist…

Es ist wohl besser, Aktionär statt Kunde bei den Mobilfunkkonzernen zu sein, denn für erstere gibt es oft über 10% Dividende, eine Traumrendite. Abzocke ist halt ein lohnendes Geschäftsmodell und die wertvolle Zeit der Kunden eine billige Ressource…

(Andreas)

 

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2 Antworten zu Surfen am Stock

  1. Merz, Dieter sagt:

    Der sehr amüsant geschriebene Bericht zeigt, wie viel Phantasie man aufbringen muß, um im Bereich des Mobilfunks etwas zu bewegen und zu erreichen, um dann auch noch all den Fallstricken und den Betrügereien zu entgehen.
    Alle Achtung, lieber Andi, daß Du es trotzdem geschafft hast, den Internetzugang zu eröffnen.
    Hab Dank! Gruß Vater

  2. Roland sagt:

    Tja, die Seefahrt ist halt zu allen Zeiten ein Abenteuer gewesen. Nur scheinen es heute andere Untiefen und Klippen zu sein, als zu den Zeiten des Sextanten.
    Euch Rittern der drahtlosen Datenübertragung gebührt der Dank von uns mehr oder weniger Daheimgebliebenen, dass wir immer wieder so nette Berichte lesen dürfen!
    Liebe Grüße und weiterhin schöne Reise mit geänderter Besatzung!
    Roland

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